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Berichte

Der BUND Naturschutz setzt auf Vielfalt statt auf standortfremde Fichten-Monokulturen

Entfernung von „Fichtenäckern“ für Arten- und Klimaschutz und stabile, zukunftsträchtige Mischwälder

Der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) hat vor allem im vergangenen Winterhalbjahr auf
mehreren Flächen im Landkreis Freyung-Grafenau, unter anderem in den Gemeinden Neuschönau,
Mauth, Hinterschmiding und Neureichenau, Gehölze entfernen lassen. Dabei handelte es sich um
nicht standortgerechte Fichtenbestände mittleren Alters, welche einst auf brachgefallenen Wiesen
und Weideflächen angepflanzt wurden. Solche Aufforstungen hochwertigster, teilweise auch dafür
entwässerter Moor- und Grünlandflächen waren früher üblich, um die Flächen wirtschaftlich
aufzuwerten. Fichten sind ein Element der Wirtschaftswälder und der BN hat großes Verständnis
dafür, dass die Entfernung solcher Aufforstungen für Teile der Bevölkerung, deren Familien
vielleicht selber vor Jahrzehnten in mühevoller Arbeit Fichten angepflanzt haben, auf den ersten
Blick schwer verständlich ist. Heutzutage wären diese Aufforstungen jedoch rechtlich nicht mehr
zulässig, da der Wert von Mooren und Grünland für Biodiversität und Klimaschutz erkannt wurde
und diese Flächen gesetzlich geschützt sind. Da artenreiche Offenlandflächen immer seltener
werden, setzt sich der BN im Rahmen des Klima- und Moorschutzes sowie im Rahmen des Projekts
„Quervernetzung Grünes Band“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt dafür ein, dass diese
Lebensräume ökologisch wieder aufgewertet werden.

Bei vielen noch vorhandenen Fichtenforsten auf ehemaligen Moor- und Grünlandstandorten handelt
es sich um dichte, artenarme Monokulturen. Diese sind speziell im Hinblick auf den Klimawandel
langfristig nicht stabil und bieten dem Borkenkäfer beste Ausbreitungsbedingungen. Die
Fichtenbestände sollen daher entfernt oder aufgelockert werden. So entstehen in den nächsten
Jahren wieder offene Moore sowie stellenweise auch Wiesen- und Weideflächen. Dadurch werden
gefährdete Arten wie Waldeidechse, Kreuzotter, Violetter Feuerfalter, Heidelerche und Co.,
gefördert. Diese Arten sind vielfach durch das Zuwachsen ihrer typischen Lebensräume gefährdet
oder drohen lokal komplett verlorenzugehen.

Moore sind nicht nur ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tierarten, sondern auch
Wasserspeicher, die dazu beitragen, Hochwasserspitzen abzumildern sowie in heißen Sommern
Lebensräume vor dem Austrocknen zu schützen. Im Gegensatz zu entwässerten, aufgeforsteten
Mooren, welche klimaschädliche Gase freisetzen, binden intakte Moore das Treibhausgas
Kohlendioxid. Bei der Wiederherstellung eines intakten Wasserhaushalts wird genau darauf geachtet,
dass die Wasserverhältnisse auf benachbarten Grundstücken durch die Maßnahmen nicht
beeinträchtigt werden. Nach der Entfernung eines Teils der Gehölze, kann sich in Kombination mit
der Verbesserung des Wasserhaushalts, wieder eine hochwertige Moorvegetation mit Torfmoosen,
Sonnentau und Wollgräsern herausbilden. Natürliche Moore sind wegen des sehr hohen
Wasserstandes sehr locker bewaldet bis stellenweise baumfrei. Unter bestimmten Umständen sowie
in Randbereichen stellen sich aber auch lockere Moorwälder mit Birken, Kiefern und Latschen ein.

Der Moorschutz steht im Wald auf trockeneren Standorten nicht im Fokus. Hier soll die Entwicklung
zu einem zukunftsträchtigen und strukturreichen Laubmischwald mit breiten, strukturreichen
Waldrändern gefördert werden. Darin enthaltene Feuchtbereiche sollen sich zu standorttypischen
Bruch- und Sumpfwäldern entwickeln. An Bächen wiederum entstehen naturnahe
Gewässerbegleitgehölze. Dadurch werden gleichsam Klimaschutz- und Biodiversitätsziele
vorangebracht. Aus der bestehenden Naturverjüngung oder durch gezielte Pflanzung von
Laubhölzern soll dort ein stabilerer Mischwald entstehen bzw. geschaffen werden. Hierzu müssen an
der ein oder anderen Stelle nicht standortgerechte Arten entfernt werden. Dieser sogenannte
Waldumbau erfolgt meist langsam und in kleinen Schritten. Bei reinen, gleichaltrigen
Fichtenbeständen allerdings ist dies häufig nicht möglich bzw. sinnvoll. Studien hierzu haben gezeigt,
dass es ökologisch wesentlich besser ist, die Umwandlung in wenigen und dafür größeren Schritten
voranzubringen.

Die Wiederherstellung von Teilen der historischen, naturnahen Kulturlandschaft ist einer der
Schwerpunkte des Projektes „Quervernetzung Grünes Band“. Wenn ehemalige Grünlandflächen
durch Gehölzaufkommen nicht mehr gepflegt werden können oder nicht mehr ihre ursprüngliche
Artenvielfalt aufweisen, gilt es, im Sinne des Biotoperhalts und des Biotopverbunds gegenzusteuern.
Meist werden Fichten oder selektiv auch andere Gehölze entnommen und die Bewirtschaftbarkeit
wiederhergestellt. So entstehen strukturreiche, halboffene Weideflächen oder blütenbunte Wiesen
nach kulturhistorischem Vorbild. Auch bei den vielfach angrenzenden Lesesteinriegeln oder
enthaltenen Felsstrukturen kann eine Auflichtung erforderlich sein.

Das Projekt wird bis 2025 im Bundesprogramm Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz
(BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)
sowie durch den Bayerischen Naturschutzfonds gefördert.

Kontakt
Tobias Windmaißer, BUND Fachbereich Grünes Band,
Projektmanager Quervernetzung Grünes Band - Innerer Bayerischer Wald
tobias.windmaisser@bund-naturschutz.de